Highlights 2016

Forschungsnachrichten aus dem Bereich Plasmarand und Wand


Posterpreis für E2M-Doktoranden Alexander von Müller

Alexander von Müller aus dem Bereich E2M wurde auf dem 29sten SOFT (Symposium on Fusion Technology), das vom 05. bis 09. September in Prag stattgefunden hat, mit einem "PhD poster prize" ausgezeichnet.

Der Preis wurde während der oben genannten Konferenz durch das internationale Organisationskomitee verliehen und richtete sich an Doktoranden, die ihre Forschungsarbeiten in Form einer Posterpräsentation vorstellten.

Sein Beitrag mit dem Titel „Melt infiltrated W-Cu composites as advanced heat sink materials for plasma facing components of future nuclear fusion devices“ beschäftigte sich mit Wolfram-Kupfer-Verbundwerkstoffen, Materialien deren Einsatz in plasmabelasteten Komponenten von zukünftigen Fusionsanlagen sehr nützlich sein könnte.

Derartige Komponenten müssen - bedingt durch den Beschuss mit aus dem Plasma austretenden Teilchen - im Betrieb hohen Belastungen, insbesondere hohen Wärmeflüssen standhalten und diese kontinuierlich und zuverlässig abführen.

Das nebenstehende Bild zeigt zwei metallografische Schliffbilder von Wolfram-Kupfer-Verbundwerkstoffen, die derzeit am IPP in der Arbeitsgruppe Plasma-Komponenten-Wechselwirkung entwickelt werden.

Poster (pdf)

Entwicklung der verscherten Randströmung beim L-H-Übergang

Es ist allgemein akzeptiert, dass eine verscherte Strömung für die Unterdrückung der Turbulenz am Plasmarand verantwortlich ist und damit den Übergang zu einem Regime mit hohem Einschluss, den L-H-Übergang hervorruft. Der Ursprung und die Entwicklung der ExB-Scherströmung ist jedoch umstritten. Sie kann entweder durch einen turbulenten Antrieb oder durch neoklassische Prozesse über den Druckgradienten der Ionen verursacht werden. Das radiale Profil der Strömungsgeschwindigkeit wurde bei verschiedenen toroidalen Magnetfeldern und Elektronendichten in Wasserstoff- und Deuteriumplasmen mit spektroskopischen Mitteln untersucht. In allen Fällen findet der L-H-Übergang beim gleichen Maximalwert der ExB-Geschwindigkeit und damit in etwa bei gleicher Verscherung statt (Abbildung). Weiterhin wurde die schnelle Dynamik der Strömung und der Ionenprofile in verschiedenen Phasen des L-H-Übergangs mit einer zeitlichen Auflösung von 100 µs gemessen. Es wurde nachgewiesen, dass der Druckgradient den dominierenden Beitrag liefert. Durch Turbulenz erzeugte Zonalströmungen können also nur auf Zeitskalen unterhalb von 100 µs eine Rolle spielen, was gängige Theorien zum L-H-Übergang in Frage stellt und die Wichtigkeit des neoklassischen elektrischen Feldes unterstreicht.

 

Mit dieser Arbeit hat Marco Cavedon an der Technischen Universität München promoviert

http://mediatum.ub.tum.de/doc/1295389/1295389.pdf

Intermittente Fluktuationen in I-mode-Plasmen an ASDEX Upgrade

Das I-Mode genannte Einschlussregime ist charakterisiert durch steile Gradienten in den Randprofilen von Elektronen- und Ionentemperatur, nicht aber in der Plasmadichte. Der Energietransport ist also ähnlich zu dem in der H-Mode, während der Teilchentransport sich wie in der L-Mode verhält. Wahrscheinlich direkt verbunden mit dieser Beobachtung ist die sogenannte "weakly coherent mode" (WCM), eine schwach kohärente Mode in den Dichtefluktuationen, die im Plasmarand auftritt. Bis heute ist nicht geklärt, was die zugrundeliegende Instabilität der WCM ist und wie Dichte- und Temperaturfluktuationen so deutlich entkoppeln können. Wissenschaftler von verschiedenen Forschungsinstituten in Deutschland, Frankreich und Portugal haben sich zusammengetan, um die besonderen Eigenschaften der I-Mode genau zu untersuchen. Die Arbeiten wurden am Tokamak ASDEX Upgrade durchgeführt. Die Hauptdiagnostiken waren Doppler- und konventionelle Reflektometrie. Dabei wurden ausgeprägte, stark intermittente Ereignisse in der Dichtefluktuationsamplitude im Randplasma entdeckt. Diese Strukturen existieren nur in der I-Mode, und während sich der Einschluss des Plasmas verbessert, werden ihre Amplituden größer, sogar größer als die Dichtefluktuationen in der L-Mode (siehe Bild). Das zentrale Resultat ist, dass eine Verbindung zwischen den starken Dichtefluktuationen zur WCM hergestellt werden konnte, was ein Zeichen dafür ist, dass diese Ereignisse zur Begrenzung des Dichtegradienten beitragen könnten. Die Ergebnisse finden sich in einem der meistgelesenen aktuellen Artikel in Nuclear Fusion, der auch als LabTalk herausgehoben wurde.

T. Happel et al., Nucl. Fusion 56, 064004 (2016) dx.doi.org/10.1088/0029-5515/56/6/064004

Leistungsflüsse in Schneeflocken-Divertoren

An den meisten Hochleistungs-Tokamaks weltweit wird die Single-Null-Konfiguration (s. Abb. links) untersucht, die auch für ITER vorgesehen ist. Bei dieser Konfiguration treten starke Wärmebelastungen, insbesondere am äußeren Target auf, die die Lebensdauer der Materialien limitieren könnten. Anknüpfend an gemeinsame Arbeiten mit dem Schweizer Experiment TCV wurde eine alternative Konfiguration, der sog. Snowflake-Divertor (s. Abb. rechts), weiter untersucht. Er basiert auf einer magnetischen Konfiguration, bei der zwei magnetische X-Punkte eng beieinander liegen. In der jetzt erschienenen Publikation [1] wurden die Eigenschaften eines Divertors in Abhängigkeit von der genauen Lage des zweiten X-Punktes mithilfe des Transportcodes EMC3-EIRENE systematisch untersucht. Es stellte sich dabei heraus, dass eine Snowflake-Minus-Konfiguration zu einer deutlichen Reduktion der maximalen Wärmebelastung im Divertor führen kann, wie die roten Diagramme in der Abbildung Illustrieren.

Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen in Ausbaupläne für ASDEX Upgrade ein, wo durch den Einbau weiterer Poloidalfeldspulen Snowflake-Konfigurationen in einem obenliegenden Divertor bei hoher Heizleistung experimentell untersucht werden können.

 

[1] T. Lunt et al. 2016 Plasma Phys. and Control. Fusion 58 045027

Wechselwirkung von Deuteriumplasmen mit stickstoffimplantierten Oberflächen

Experimente am Tokamak ASDEX Upgrade haben gezeigt, dass durch die Zugabe von Stickstoff zum Plasma der Leistungsfluss auf die Wand reduziert und gleichzeitig die Plasma-Performance verbessert werden kann. Durch die Stickstoffzugabe in das Randschichtplasma wird aber auch Stickstoff aus dem Plasma in die Wolframoberflächen implantiert und dort chemisch gebunden. Das beeinflusst sowohl die Plasma-Oberflächen-Wechselwirkung als auch die Wasserstoffrückhaltung im Wandmaterial.

Die Wechselwirkung von stickstoffhaltigen Wolframoberflächen (WNx) mit Wasserstoffplasmen und ihr Einfluss auf die Wasserstoffrückhaltung in Wolfram wurden von Herrn Gao Liang im Rahmen seiner Doktorarbeit am IPP in Laborexperimenten untersucht.

Ein wesentliches Ergebnis ist, dass Stickstoffimplantation in Wolfram die Wasserstoffdiffusion stark unterdrückt. Bei 300 K diffundiert H in WNx praktisch gar nicht und bei 600 K ist die Diffusion immer noch viel geringer als in reinem Wolfram. Zusätzlich hat er auch eine verfeinerte Methode zur Bestimmung des Deuteriumtiefenprofils an Oberflächen mit wesentlich verbesserter Tiefenauflösung entwickelt.

 

Mit diesen Arbeiten hat Gao Liang am 14.01.2016 an der Ruhr Universität Bochum promoviert.

 

L. Gao et al., Nuclear Fusion 56, 016004 (2016),
http://dx.doi.org/10.1088/0029-5515/56/1/016004

L. Gao et al., Physica Scripta T159, 014023 (2014),
http://dx.doi.org/10.1088/0031-8949/2014/T159/014023

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