Ein neuer Schädigungsmechanismus für Wolframoberflächen

Ein möglicherweise neuartiger Schädigungsmechanismus bei der Wechselwirkung von Wasserstoffplasmen mit Wolframoberflächen wurde am IPP entdeckt.

Durch die Anwendung einer neu entwickelten Tiefenprofilierungsmethode konnte gezeigt werden, dass eine Wolframoberfläche nach einer Behandlung in einem Deuteriumplasma bei 300 K und mit einer Ionenenergie von 215 eV mit einer 10 nm dünnen deuteriumreichen Schicht mit unerwartet hoher Deuteriumkonzentration von 10 % bedeckt ist. Weitere Untersuchungen im Rasterelektronenmikroskop haben außerdem ergeben, dass diese deuteriumreiche Schicht stark geschädigt ist, obwohl die verwendete Ionenenergie eigentlich zu niedrig ist, um klassische Gitterschädigung durch Ionenbeschuss (d.h. dauerhafte Verlagerung von Atom von ihrem eigentlichen Platz im Atomgitter) zu erzeugen. Der beobachtete Effekt wird durch eine synergistische Wechselwirkung der niederenergetischen Deuteriumionen mit im Wolfram gelösten Deuteriumatomen erklärt. Die im Wolframgitter gelösten D-Atome stabilisieren Leerstellen, die durch die Zusammenstöße von D-Ionen mit Wolframgitteratomen entstehen und verhindern somit, dass diese Leerstellen mit Zwischengitteratomen rekombinieren. Ohne eine relativ hohe Konzentration an gelösten D-Atomen würden die meisten Paare aus Leerstellen und Zwischengitteratomen (Frenkel-Paare) sehr schnell wieder rekombinieren. Es ist denkbar, dass eine vergleichbare Stabilisierung von Gitterdefekten durch gelöste Wasserstoffisotope auch bei der Plasma-Wand-Wechselwirkung in Fusionsanlagen auftritt.

Diese Arbeiten wurden vor kurzem bei Nuclear Fusion publiziert.

L. Gao et al., Nuclear Fusion 57, 016026 (2017),
http://dx.doi.org/10.1088/0029-5515/57/1/016026

Zur Redakteursansicht