EU-Exzellenz-Förderung für IPP-Wissenschaftler

Erstmalig Materie-Antimaterie-Plasma / ERC Advanced Grant für Thomas Sunn Pedersen

6. April 2017

Mit rund 2,4 Millionen Euro wird der Europäische Forschungsrat (ERC) die Forschung zu einem aus Elektronen und Positronen bestehenden, magnetisch eingeschlossenen Materie-Antimaterie-Plasma unterstützen, das Professor Dr. Thomas Sunn Pedersen vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald weltweit erstmalig herstellen will. Er ist Gewinner eines der begehrten „Advanced Grants“, mit denen der ERC bahnbrechende, aber risikoreiche Forschungsprojekte fördert.


In den ersten Minuten nach dem Urknall war das Universum von gleich viel Materie wie Antimaterie erfüllt. Einen ähnlichen Zustand will Professor Thomas Sunn Pedersen nun erstmalig im Labor herstellen: ein Plasma aus Elektronen und ihren Antiteilchen, den Positronen. Sein Ziel ist es, ein Elektron-Positron-Plasma lange genug in einem magnetischen Käfig einzuschließen, um es genau untersuchen zu können.

Es sind außergewöhnliche Eigenschaften, die die Plasmatheorie für Elektron-Positron-Plasmen vorhersagt. Sie sollten sich völlig anders verhalten als die in Industrie und Fusionsforschung genutzten „normalen“ Plasmen, die durch Ionisation von Atomen entstehen. Während sich diese Plasmen aus leichten Elektronen und schweren Ionen zusammensetzen, besitzen Elektronen und Positronen exakt die gleiche Masse. Damit fehlt dem exotischen Plasma der Massenunterschied zwischen den positiv und den negativ geladenen Plasmateilchen – die Triebfeder für das komplexe Verhalten normaler Plasmen, in denen sich Schwingungen, Wellen, Instabilitäten und Turbulenz ausbilden. Die Rechencodes der Fusionsforscher an diesen exotischen Plasmen zu überprüfen, ist daher höchst interessant. Aber auch für die Astrophysik werden neue Erkenntnisse erwartet, da man annimmt, dass Elektron-Positron-Plasmen in der Nähe von Neutronensternen und Schwarzen Löchern vorkommen.

Wie im Weltall soll auch das Elektron-Positron-Plasma im Labor von einem magnetischen Dipolfeld eingeschlossen werden. In der geplanten, APEX-D getauften Anlage (A Positron-Electron Experiment Dipole) wird es von einer kreisförmigen supraleitenden Magnetspule erzeugt. In einem zylindrischen, rund zwanzig Liter großen Vakuumgefäß hält diese Spule ein Ringleiter in Schwebe, der über dem Gefäß montiert ist und die Spule feedback-gesteuert anzieht. Ähnliche Anlagen wurden in den USA und in Japan mit normalen Plasmen bereits realisiert. Die Elektronen sollen mit einer Elektronenkanone in APEX-D eingespeist werden. Die Positronen wird die weltweit stärkste Positronenquelle an der Forschungs-Neutronenquelle FRM II der Technischen Universität München liefern.

Ist es erst einmal gelungen, gleich viele Elektronen und Positronen in die magnetische Falle einzufüttern, sollte das kalte und dünne Plasma Stunden, wenn nicht Tage lang eingeschlossen bleiben, bis sich paarweise alle Teilchen mit ihren Antiteilchen in winzigen Energieblitzen vernichtet haben – wenn sich in dem Elektron-Positron-Plasma tatsächlich, wie von der Theorie vorhergesagt, keine Turbulenz ausbildet.

Ermutigt durch eine Reihe erfolgreicher Vorversuche – zum Beispiel ist es bereits gelungen, Positronen mit über 90 Prozent Effizienz in einer Anlage mit APEX-ähn­licher Feldgeometrie einzufangen – und beflügelt durch die gewonnene euro­päische Förderung kann der Aufbau von APEX-D nun weiterlaufen. Wesentliche Kooperationspartner sind dabei Wissenschaftler der Technischen Universität München, der Universität Greifswald, an der auch Thomas Sunn Pedersen als Professor unterrichtet, der University of California San Diego, USA, und des National Institute for Fusion Science in Toki, Japan.

Der Europäische Forschungsrat ERC wurde vor zehn Jahren eingerichtet, um europaweit Projekte der Pionier­forschung zu unterstützen. Seine jährlich vergebenen Grants gehören zu den attraktivsten Förder­mitteln des Europäischen Forschungs­rahmen­programms. Einziges Auswahl­kriterium ist die wissen­schaftliche Exzellenz des Forschers und das innovative Potential der Forschungsidee. Zudem muss das geplante Projekt in einer europäi­schen Wissenschafts­einrichtung bearbeitet werden oder in einem Land, das dem Europäischen Forschungs­rahmen­­programm assoziiert ist.

Isabella Milch

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