Durchbruch im Verständnis von Wellenzahlspektren aus der Doppler-Reflektometrie

Wellenzahlspektren enthalten eine Vielzahl von Informationen über zugrundeliegende Instabilitäten und Energietransfermechanismen

Das Wellenzahlspektrum eines Fusionsexperiments hat viele Freiheitsgrade, und es ist eine sehr anspruchsvolle (und potentiell sehr lohnenswerte) Aufgabe, gyrokinetische Simulationen durch Wellenzahlspektren zu validieren. Heutzutage ist die vorherrschende Diagnostik zur Messung lokaler Wellenzahlspektren der Dichtefluktuationen die Doppler-Reflektometrie. Es gibt jedoch theoretische Arbeiten, die vorhersagen, dass die Verlässlichkeit von Turbulenzamplituden von der Mikrowellenpolarisation abhängen könnte. Insbesondere sagt die Theorie voraus, dass nichtlineare Effekte für extraordinäre Polarisation (X-mode) bei kleineren Turbulenzniveaus eintreten als bei ordinärer Polarisation (O-mode). Da die Diagnostikantwort linear, nichtlinear, oder gesättigt sein kann, ist es unabdingbar, eine verlässliche synthetische Diagnostik für Validationsstudien zu benutzen.

Ein jahrelanges Bemühen mit Beiträgen von fünf verschiedenen Instituten aus Deutschland, Frankreich und den USA, hat jetzt überzeugende Ergebnisse hervorgebracht. Dabei wurden X- und O-Wellen über  die gleiche Antenne eingekoppelt, wodurch die Messung an der gleichen radialen, poloidalen und toroidalen Position im Plasma ermöglicht wird. Die gemessenen Wellenzahlspektren zeigen deutliche Unterschiede (siehe Abbildung), was auf einen Diagnostikeffekt hindeutet. Begleitende gyrokinetische Simulationen wurden genutzt, um die Plasmaturbulenz zu erzeugen, die wiederum Ausgangspunkt für zweidimensionale sogenannte Full-wave-Simulationen in X- und O-mode dient. Die resultierenden Wellenzahlspektren zeigen eine beeindruckende Übereinstimmung mit den experimentell gemessenen (siehe Abbildung). Ein Vergleich mit der Theorie bestätigt, dass die Messungen in X-mode in den nichtlinearen bzw. Sättigungsregimes stattfanden, während die in O-mode im linearen Regime geschahen. Diese Resultate zeigen zweierlei: erstens, dass synthetische Diagnostiken unverzichtbar sind wenn nichttriviale Diagnostiken genutzt werden und quantitative Aussagen getroffen werden sollen.  Zweitens, dass mit Doppler-Reflektometrie gemessene Wellenzahlspektren mit Vorsicht genossen werden sollten, falls davon ausgegangen werden kann, dass sie im nichtlinearen oder Sättigungsregime gemessen werden, was bei Doppler-Reflektometrie in X-mode deutlich wahrscheinlicher ist. Diese Arbeiten sind jetzt in zwei Artikeln erschienen.

J. R. Pinzón et al., Plasma Phys. Control. Fusion 59, 035005 (2017)
dx.doi.org/10.1088/1361-6587/aa543c

T. Happel et al., Plasma Phys. Control. Fusion 59, 054009 (2017)
dx.doi.org/10.1088/1361-6587/aa645b

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