Nachweis von kleinsten Defekten in Wolfram
 

Experimentelles Verfahren liefert wichtige Daten zur Erzeugung von Strahlenschäden in Wolfram

Ein Fusionsreaktor muss mindestens so viel Tritium erbrüten, wie für die Aufrechterhaltung der Fusionsreaktionen benötigt wird. Die Tritiumaufnahme der ersten Wand des Reaktors muss daher gering gehalten werden. Als Wandmaterial erfüllt Wolfram diese Forderung, denn die Löslichkeit von Wasserstoffisotopen im Wolframkristallgitter ist gering. Durch den Neutronenbeschuss entstehen jedoch Gitterdefekte, die Wasserstoffisotope einlagern können. Die wissenschaftliche Untersuchung dieses Effektes wurde bisher dadurch erschwert, dass solche Defekte experimentell kaum quantitativ zu erfassen sind. Diese Schwierigkeit wurde am IPP nun durch eine neue experimentelle Strategie überwunden: Schäden im Gitter werden dabei nicht durch Neutronen erzeugt, sondern durch Bestrahlung mit 20-MeV-Wolfram-Ionen am IPP-Tandembeschleuniger. Die Defekte werden kontrolliert in einem Niedertemperaturplasma mit Deuterium markiert und mit Kernreaktionsanalyse wiederum am Beschleuniger quantifiziert. Damit wurde die Defektdichte als Funktion der Bestrahlungsdosis in „dpa“ (displacements per atom) bestimmt. Der anfänglich nahezu lineare Anstieg des Rückhalts mit der Bestrahlungsdosis sättigt schon bei sehr geringen Werten von 0.1 dpa (Abb). Aufgrund dieser Daten sind nun solide Vorhersagen über den Tritiumhaushalt zukünftiger Fusionsreaktoren möglich.

T. Schwarz-Selinger: “A Critical Review of Experiments on Deuterium Retention in Displacement-Damaged Tungsten as Function of Damaging Dose.” Materials Research Express 10, (2023): 102002.
https://doi.org/10.1088/2053-1591/acfdf8

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