9th Runaway Electron Modelling Meeting zeigt die zunehmende Bedeutung von Modellierungen für ITER

Nachdem das Meeting 2021 wegen der Corona-Pandemie ausgefallen war, trafen sich viele der internationalen Experten erstmals seit zwei Jahren wieder persönlich.
 

10. Mai 2022

Bei der Veranstaltung vom 2. bis 6. Mai 2022 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching diskutierten rund 50 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aktuelle Ergebnisse.

Relativistische Elektronen, so genannte Runaway Electrons (REs), gelten als eine der großen Herausforderungen auf dem Weg zu Fusionskraftwerken. Sie könnten künftige Anlagen stark beschädigen – zum Beispiel das derzeit im südfranzösischen Cadarache gebaute internationale Gemeinschaftsexperiment ITER. Aus diesem Grund suchen weltweit Forschende nach Wegen, die Entstehung von REs zu unterdrücken. In den 2013 an der schwedischen Chalmers Universität in Gothenburg gestarteten Runaway Electron Modelling Meetings stellen theoretische Physiker jedes Jahr Modellierungen des RE-Phänomens und Ansätze zu seiner Unterdrückung vor.

Das diesjährige Treffen in Garching war das neunte seiner Art. Im letzten Jahr war die Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Diesmal gab es ein hybrides Meeting – wobei nur etwa ein Viertel der Teilnehmenden online dabei war. Die meisten kamen persönlich nach Garching. „Wir freuen uns, dass jedes Mal mehr experimentelle Physikerinnen und Physiker teilnehmen“, sagt IPP-Forscher Dr. Gergely Papp aus dem Organisationsteam des Meetings. „Das zeigt uns, wie wichtig unsere Modellierungen für die Planung von Experimenten geworden sind.“

Relativistische Elektronen entstehen in Fusionsanlagen vom Typ Tokamak bei Plasma-Disruptionen, also Störungen im Plasma. Bei diesen ebenfalls intensiv untersuchten Ereignissen bricht der Magneteinschluss des Plasmas innerhalb von Sekundenbruchteilen zusammen, wodurch auch die Temperatur des Plasmas rapide sinkt. Infolge des steigenden Widerstandes und des großen Plasmastroms entsteht ein starkes toroidales elektrisches Feld, das Elektronen auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigen kann. Durch Kollisionen kann die Anzahl solcher Runaway-Elektronen exponentiell ansteigen, bis der gesamte Plasmastrom von REs getragen wird. Ein solcher RE-Strahl kann in einem künftigen Reaktor wie ITER zu massiven Belastungen von Materialkomponenten und einem Schmelzen der Wände führen. Deshalb müssen solche Ereignisse unbedingt vermieden oder zumindest abgeschwächt werden.

Das wichtigste für ITER vorgesehene System zur Störungsminderung ist die Injektion großer Materialmengen (eine Mischung aus Wasserstoff und Neon) in die Anlage mittels der so genannten Shattered Pellet Injection (SPI). An der Tokamak-Anlage ASDEX Upgrade am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik existiert seit Kurzem ein neues Shattered-Pellet-Injection-System, das zusammen mit ITER entwickelt wurde und gemeinsam mit ITER und dem europäischen Fusionsprogramm EUROfusion genutzt wird.

„Viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen erzählten mir, dass ein Highlight unseres Meetings die Besichtigung des Shattered Pellet Injectors und die Vorstellung erster Messergebnisse war“, berichtet IPP-Physiker Dr. Matthias Hölzl, der die Veranstaltung mitorganisiert hat.

Mehrere Vorträge beschäftigten sich dezidiert mit SPI. Andere zeigten deutliche Fortschritte bei der Erstellung validierter Modelle mit unterschiedlicher Komplexität (insbesondere niedriger dimensionale kinetische und hybride 3D-magnetohydrodynamische Modelle).

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