US-Initiative: IPP entwickelt als Partner zuverlässige Simulationen für Fusionskraftwerke
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) ist ab sofort Kooperationspartner in einem neu aufgelegten Förderprogramm des amerikanischen Energieministeriums DOE.
Im Rahmen eines mit insgesamt 14 Millionen US-Dollar ausgestatteten Projekts wird das IPP gemeinsam mit US-Einrichtungen zuverlässige Simulationen für zentrale Anforderungen von Kernfusionskraftwerken entwickeln. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der am IPP entwickelte numerische Code GENE-X.

Das amerikanische Energieministerium DOE hat im Januar sechs Projekte benannt, die im Rahmen der Förderinitiative Fusion Innovative Research Engine (FIRE) Collaboratives mit insgesamt 107 Millionen US-Dollar ausgestattet werden. In einem der Projekte wird das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) als einziger nicht-amerikanischer Kooperationspartner Vorhersagemodelle für erste Fusionskraftwerke entwickeln – zusammen mit elf amerikanischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Auf IPP-Seite wird Direktor Frank Jenko mit seinem Bereich Tokamaktheorie in Garching das Projekt vorantreiben. Er ist auch außerordentlicher Professor an der University of Texas – Austin, über die eine direkte Anbindung des IPP an das US-Projekt besteht.
Vorhersagen für Plasma-Inneres und den Rand gleichermaßen
In dem mit 14 Millionen US-Dollar geförderten Vorhaben (Titel: Advanced Profile Prediction for Fusion Pilot Plant Design) geht es vor allem darum, das Verhalten von Fusionsplasmen in den Randbereichen zuverlässig zu prognostizieren. „Im Plasma-Inneren sind unsere numerischen Modelle bereits sehr gut. Am Rand spielen sich aber so komplexe physikalische Vorgänge ab, dass wir mit den bisherigen Möglichkeiten an Grenzen kamen“, erklärt Prof. Jenko. „Um die Performance eines künftigen Kraftwerks abzuschätzen, müssen wir aber die Temperatur- und Dichteprofile über das gesamte Plasma hinweg kennen. Erst jetzt verfügen wir über die Werkzeuge für solche Vorhersagen.“ Eine zentrale Rolle spielt dabei der am IPP entwickelte Computercode GENE-X, der speziell auf die Berechnung von Turbulenz am Plasmarand optimiert wurde. „Zuletzt konnten wir damit die Rechengeschwindigkeit bei Plasmasimulationen um den Faktor 500 steigern – und wir sehen noch Potenzial für weitere Verbesserungen“, sagt Prof. Jenko.
Neue Möglichkeiten durch einen dramatisch schnelleren Simulationscode
Geschwindigkeit ist bei plasmaphysikalischen Simulationen ein entscheidender Faktor: Heutige Supercomputer rechnen häufig Wochen, um Plasmaturbulenz über wenige Millisekunden zu simulieren. „Ein effizienter und zugleich physikalisch fortgeschrittener Code wie GENE-X, bringt dadurch die Fusionsforschung gewaltig voran. Einen zusätzlichen Wissenssprung werden wir erreichen, indem wir GENE-X mit Methoden der künstlichen Intelligenz verknüpfen“, erläutert Prof. Jenko. Ziel des gesamten Projektes sei es, die Entwicklung von Kraftwerken durch Simulationen zu unterstützen – und zwar für beide Hauptkonzepte der Kernfusion mit magnetischem Einschluss: Tokamak und Stellarator. Die Nähe zur Praxis wird durch den ständigen Austausch mit einem Beirat (Advisory Board) sichergestellt, dem unter anderem Vertreter von Fusions-Unternehmen und vom internationalen Experimentalreaktor ITER in Südfrankreich angehören.

Das Projekt soll zum Beispiel klären, wie sich die entstehende Wärmeleistung in Fusionsplasmen kontrolliert abführen lässt. Im Inneren entstehen Temperaturen von mehr als 100 Millionen Grad Celsius, die zwar zum Rand hin auf einige tausend Grad abnehmen. Dennoch würde die Plasmaleistung jedes Wandmaterial schädigen. Deshalb sind Strategien gefragt, diese Leistung kontrolliert abzuführen. Die größte Wärmebelastung tritt am sogenannten Divertor auf, der die Aufgabe hat, Verunreinigungen aus dem Plasma abzuführen. Simulationen sollen dabei helfen, die Wärmeleistung auf eine größere Fläche zu verteilen und die optimale Bauform für den Divertor zu finden.
Modellierungen von Fusionskraftwerken mit Wolframwand
Die Forscher werden auch untersuchen, wie sich der Einsatz des derzeit favorisierten Wandmaterials Wolfram auf die Leistung von Fusionsplasmen auswirkt. Wolfram hat den höchsten Schmelzpunkt aller Metalle (etwa 3400 Grad Celsius) und ist deshalb besonders gut geeignet, um den Wärmebelastungen in der Nähe von Fusionsplasmen standzuhalten. Beim Betrieb in Fusionsanlagen lösen sich jedoch Wolframatome und verunreinigen das Plasma. Sie können es dadurch deutlich abkühlen und im Extremfall sogar zum Erlöschen bringen. Prof. Jenko: „Um diesen unerwünschten Effekt auszuschalten, müssen wir die ablaufenden Prozesse genau verstehen. Das ist eines der Ziele des neuen Projekts.“