Tritiumverluste stoppen: Neue Schutzschichten für die Fusionsenergie

Fraunhofer IWS und Max-Planck-Institut für Plasmaphysik entwickeln innovative Barriereschichten für Kernfusionsreaktoren

24. Juni 2025

Tritium ist ein kostbarer Rohstoff für die Energiegewinnung durch Kernfusion. Um dessen Verlust in künftigen Fusionskraftwerken zu verhindern, entwickeln das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS und das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) neuartige Schutzschichten. Das gemeinsame Forschungsprojekt „TritiumStopp“ zielt auf hocheffektive Diffusionsbarrieren, die auch unter extremen Bedingungen standhalten.

Die Fusion von Wasserstoffisotopen gilt als Hoffnungsträger für eine saubere und sichere Energiezukunft. Tritium spielt dabei eine zentrale Rolle als Brennstoff. Sein ungewollter Austritt aus Reaktorwänden oder Rohrleitungen wäre nicht nur teuer, sondern auch sicherheitsrelevant. Die Herausforderung: Tritium-Atome sind so klein, dass sie sich selbst durch Metallstrukturen hindurchbewegen können – ein Phänomen, das als Permeation bezeichnet wird.

Schichtsysteme mit Industrieerfahrung

Das Projekt „TritiumStopp“ setzt auf dünne Barriereschichten, die Tritium am Durchdringen hindern. Anders als bisherige Forschungsansätze greift das Fraunhofer IWS auf Schichttechnologien zurück, die sich bereits in industriellen Hochleistungsanwendungen bewährt haben – etwa als Verschleißschutz auf stark beanspruchten Werkzeugen. „Unsere Schichten basieren auf etablierten PVD-Verfahren und lassen sich mit industriereifer Technik auf reale Kraftwerkskomponenten aufbringen“, erklärt Dr. Volker Weihnacht vom Fraunhofer IWS.

Die Forscher untersuchen verschiedene Schichttypen – darunter Metallnitride, Oxide und diamantartige Kohlenstoffe – auf ihre Barrierewirkung. Die Tests erfolgen unter Bedingungen, wie sie im Fusionskraftwerksbetrieb zu erwarten sind: mechanischer Stress, thermische Wechselbeanspruchung und insbesondere Neutronenstrahlung. Ziel ist es, nicht nur kurzfristige Schutzwirkung nachzuweisen, sondern auch die Langzeitstabilität der Schichten zu verstehen.

Materialdiagnostik und Messplätze im Fokus

Ergänzend zu diesen Tests führen die Forschenden detaillierte Analysen durch. „Wir bringen langjährige Erfahrung darin mit, nachzuverfolgen, wie sich Wasserstoffisotope in Fusionsmaterialien ausbreiten“, sagt Dr. Armin Manhard vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. An mehreren Permeations-Messplätzen werden systematische Untersuchungen durchgeführt, unterstützt durch hochauflösende Diagnostikmethoden. So sollen werkstoffphysikalische Zusammenhänge aufgeklärt und die Wirkung einzelner Prozessparameter präzise verstanden werden.

Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen will das Projekt konkrete Konzepte für die Übertragung der Technologie auf Kraftwerkskomponenten liefern. „Wir denken von Anfang an mit, wie sich unsere Ergebnisse später in die Praxis überführen lassen – etwa in Form großflächiger Beschichtungen oder integrierter Schutzsysteme“, sagt Dr. Weihnacht.

Forschungspartner

  • Das Fraunhofer IWS entwickelt innovative Werkstoffe und Technologien, um Tritium in Fusionsanlagen sicher zu handhaben – etwa durch spezielle Oberflächenbeschichtungen, Tritiumbarrieren und Recyclingverfahren.
  • Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) untersucht in diesem Projekt die Barrierewirkung der Schichten, insbesondere durch Permeationsversuche. Es übernimmt zudem mit seinem Tandem-Beschleuniger das Einbringen von Strahlenschäden ins Material sowie dessen Analyse mittels Ionenstrahlen.

Projektinformationen

  • Titel: „TritiumStopp – Permeationsdichte Schichtsysteme als Tritium-Barrieren in Fusionsanwendungen“
  • Laufzeit: 2025–2028
  • Förderung: Fraunhofer-Max-Planck-Kooperationsprogramm

 

Tritium – Schlüsselbrennstoff für die Kernfusion

Tritium ist ein seltenes, radioaktives Wasserstoffisotop, das gemeinsam mit Deuterium den Brennstoff für die Deuterium-Tritium-Fusion bildet – die bislang vielversprechendste Reaktion zur Energiegewinnung durch Kernfusion. Diese Reaktion liefert besonders viel Energie bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen und ist daher zentral für den Erfolg künftiger Fusionskraftwerke.

Das Problem: Tritium ist in der Natur kaum verfügbar, radioaktiv und kann durch seine geringe Atomgröße in Materialien eindringen oder verloren gehen – mit sicherheits- und kostenrelevanten Folgen.

Geforscht wird an neuen Materialien, Prozessen und Technologien, um Tritium effizient rückzugewinnen, sicher zu speichern und Verluste nachhaltig zu minimieren – ein entscheidender Schritt hin zur praktischen Nutzung der Fusionsenergie.

 

Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS

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