Nachfolger von Wendelstein 7-X: Optimierte Stellarator-Designs für ein Fusionskraftwerk
Forschungsbericht (importiert) 2024 - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik
Wendelstein 7-X (W7-X) hat die Kernfusionsforschung weltweit auf ein neues Niveau gehoben. Die Anlage am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald ist das bislang leistungsfähigste Magnetfusionsexperiment vom Typ Stellarator. Sie soll zeigen, dass dieses Konzept dem des bereits besser erforschten Tokamaks ebenbürtig ist – und grundsätzlich für den Bau eines Kraftwerks infrage kommt. W7-X schließt dazu ein mehrere zehn Millionen Grad Celsius heißes Plasma in einen komplex geformten magnetischen Käfig ein.
Start-up-Unternehmen verfolgen das Stellarator-Konzept

Bereits in einem frühen Stadium erreichte Wendelstein 7-X bei hohen Temperaturen einen besseren Energieeinschluss (das Produkt aus Ionendruck im Plasmazentrum und Energieeinschlusszeit) als frühere Stellaratoren. Es konnte nachgewiesen werden, dass dies direkt auf die optimierte Magnetfeldgeometrie zurückzuführen ist [1]. Diese Erfolge führten zu neuem weltweitem Interesse an der Stellarator-Technologie – und zur Gründung von etwa einem halben Dutzend Start-up-Unternehmen, die Stellarator-Kraftwerke entwickeln wollen. Zwei dieser Firmen sind in Deutschland ansässig und verfolgen Konzepte, die auf Wendelstein 7-X basieren.
Das Design von Wendelstein 7-X beruht auf bahnbrechenden Supercomputer-Simulationen aus den 1990er-Jahren. Das damals verfügbare plasmatheoretische Wissen floss in diese Berechnungen ein. Seither gab es gewaltige Fortschritte sowohl im Verständnis von Stellarator-Plasmen als auch in der Rechenleistung von Supercomputern. Inzwischen wissen wir jedoch auch, dass Wendelstein 7-X einige ungünstige Eigenschaften aufweist, weshalb sein Design für ein späteres Kraftwerk verbessert werden muss.
Optimierte Konzepte durch neue numerische Methoden
Deshalb entwickelt der Bereich Stellarator-Theorie des IPP mithilfe neuer numerischer Methoden weiter verbesserte Stellarator-Modelle. Diese entstehen in einem iterativen Prozess, bei dem die Form des Magnetfelds schrittweise verändert wird. Die Simulationen sind dabei eng mit rechnerischen Bewertungen des Plasmaverhaltens verzahnt. Die Iteration wird so lange fortgesetzt, bis eine zufriedenstellende Plasmaleistung vorhergesagt werden kann.
Die Optimierung ist anspruchsvoll, da sie einen Raum mit sehr hoher Dimensionalität durchquert und auf der Definition mathematischer Maße – sogenannter Zielfunktionen – basiert, die die Plasmaeigenschaften jedoch nur näherungsweise beschreiben. Die Methode nutzt Erkenntnisse aus langjähriger Forschung am IPP und spart erheblich Rechenzeit auf Supercomputern. Dadurch konnten erstmals Stellarator-Designs mit Schlüsseleigenschaften gefunden werden, die sie für den Einsatz in Kraftwerken qualifizieren.
Wissen aus Wendelstein 7-X fließt direkt ein
Wendelstein 7-X ist ein sogenannter quasi-isodynamischer Stellarator. Mehrere vorteilhafte Eigenschaften heben ihn von anderen Stellarator-Typen ab. Da W7-X diese Eigenschaften experimentell bestätigen konnte, konzentrieren sich die aktuellen Optimierungen auf diesen Typ. Die neuen Designs tragen den Namen SQuIDs (Stable Quasi-Isodynamic Designs) [2]. Ihre wichtigsten geometrischen Merkmale sind in der Abbildung dargestellt.
Simulationen zeigen, dass SQuIDs sehr gute Kandidaten für den Einsatz in Fusionskraftwerken sind:
- Sie begrenzen den Netto-Toroidalstrom im Plasma auf sehr niedrige Werte – eine Voraussetzung dafür, das Wärmeabfuhr-Konzept von W7-X auf einen Reaktor zu übertragen. So verändert sich die Kontaktfläche des Plasmas mit der Wand bei veränderten Plasmaparametern kaum.
- Die Begrenzung des Toroidalstroms macht das Magnetfeld robuster gegenüber Störungen durch Plasmadruckschwankungen und wirkt stabilisierend auf magnetohydrodynamische Instabilitäten, die in Tokamak-Anlagen den Betrieb stören können.
- In Simulationen dämmen SQuIDs die Plasmaturbulenz ein, was zu einem guten Energieeinschluss führen sollte – einem Hauptziel bei der Entwicklung eines Fusionsreaktors.
- Hochenergetische Teilchen, die bei der Fusion entstehen, driften nicht nach außen, wo sie sonst die Reaktorwand beschädigen würden.
Zukunftsperspektive
SQuIDs repräsentieren den neuesten Stand des Stellarator-Designs – ermöglicht durch neue rechnergestützte Werkzeuge. Ihr Erfolg basiert auch auf dem Wissen und der Erfahrung, die die Forschenden am IPP durch Experimente mit W7-X gewonnen haben. Die Berechnung solcher Designs wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen.
Dank ihrer vielversprechenden Eigenschaften könnten SQuIDs die Grundlage für zukünftige Stellaratoren bilden. Forschungsgruppen weltweit, darunter auch private Fusionsunternehmen, bauen bereits auf diesem Konzept auf.