Neuer Direktor im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

Prof. Dr. Günther Hasinger tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw an

22. Oktober 2008
Am 1. November 2008 beginnt Professor Dr. Günther Hasinger seine Tätigkeit als Wissenschaftlicher Direktor des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching und Greifswald. Er folgt Professor Dr. Alexander M. Bradshaw, der das IPP seit 1999 leitete. Forschungsziel des Instituts ist es, ein Fusionskraftwerk zu entwickeln, das – ähnlich wie die Sonne – aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnt.

Günther Hasinger, geboren 1954 in Oberammergau, promovierte nach dem Physikstudium 1984 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter des MPE beschäftigte er sich anschließend mit den Röntgensatelliten EXOSAT, GINGA und ROSAT. Als kurze Zeit nach dem ROSAT-Start die Lageregelung des Satelliten ausfiel, entwickelte er mit einem Industrie- und Wissenschaftler-Team ein neuartiges Regelsystem; die Bordcomputer wurden vom Boden aus entsprechend umprogrammiert. Damit gelang es, den teuren Satelliten zu retten und die Mission viele Jahre erfolgreich weiter zu führen. Das aus der Not geborene Lageregelungssystem wird mittlerweile in zahlreichen anderen Satelliten eingesetzt. 1995 habilitierte sich Günther Hasinger an der LMU München und übernahm nach Forschungsaufenthalten in den USA 1994 einen Lehrstuhl an der Universität Potsdam. Zugleich wurde er als Direktor an das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) berufen; ab 1998 war er dessen Vorstandssprecher. Unter seiner Leitung wandelte sich das ehemalige Institut der Akademie der Wissenschaften der DDR in ein modernes Institut der Leibniz-Gemeinschaft. 2001 schließlich wurde er zum Wissenschaftlichen Mitglied und Direktor der Röntgen- und Gammagruppe an das MPE in Garching berufen.

Günther Hasingers Arbeitsgebiet ist die Kosmologie und Röntgenastronomie – die Untersuchung des Himmels im Röntgenlicht – zu deren weltweit führenden Vertretern er zählt. Mit ROSAT konnte er zeigen, dass die lange Zeit rätselhafte kosmische Röntgenhintergrundstrahlung von massereichen Schwarzen Löchern in den Zentren weit entfernter Galaxien ausgesandt wird. Wie maßgeblich seinen Forschungen zu verdanken ist, weiß man heute, dass diese Schwarzen Löcher Saatkeime der Galaxien und Motoren für ihre Entwicklung sind – Ergebnisse, für die Günther Hasinger 2005 mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet wurde. Federführend beteiligt war er seither an der Entwicklung künftiger Röntgen-Observatorien wie eROSITA, SIMBOL-X und XEUS/IXO. Mit ihrer Hilfe will man die frühe Entwicklung von Schwarzen Löchern und Galaxien sowie die Natur von Dunkler Energie und Dunkler Materie klären – allesamt Arbeiten, die er nun „schweren Herzens“ an einen Nachfolger im MPE abgeben wird.

„Es war die Herausforderung, mich einer großen und verantwortungsvollen, dabei aber auch völlig neuartigen Aufgabe zu stellen, die mich zur Übernahme meines neuen Amtes in der Plasmaphysik und Fusionsforschung im IPP bewogen hat“, sagt Professor Hasinger. In das IPP wird er nicht nur seine Erfahrungen bei der Leitung internationaler Großprojekte einbringen, sondern auch konkrete Forschungsmethoden: Zum Beispiel will er die für seine bisherige Arbeit so wichtige Röntgendiagnostik in Kooperation mit astrophysikalischen Gruppen in die Fusionsphysik überführen. Die für die Beobachtung der Röntgenstrahlung im Weltraum entwickelten Messgeräte sollen nun das vom Plasma in der Garchinger Fusionsanlage ASDEX Upgrade ausgesandte harte Röntgenlicht abbilden und so dazu beitragen, den Plasmazustand zu erkunden.

Sein Vorgänger, Professor Dr. Alexander M. Bradshaw, geboren 1944 in Bushey/Großbritannien, hat während seiner fast zehnjährigen Amtszeit die internationale Fusionsforschung entscheidend mitgestaltet. Für die europaweite Koordination der Forschung engagierte sich Alex Bradshaw in zahlreichen nationalen und europäischen Gremien und hat erheblich zur stärkeren Integration der europäischen Fusionsforschung beigetragen. Insbesondere hat er sich für das internationale Großprojekt ITER eingesetzt und wesentlich daran mitgewirkt, dem Fusionstestreaktor den Weg nach Europa zu bahnen. Die Anlage, die erstmals ein Energie lieferndes Plasma unter kraftwerksähnlichen Bedingungen erzeugen soll, wird im französischen Cadarache aufgebaut.

In Bradshaws Amtszeit fiel der Montagestart der neuartigen Fusionsanlage Wendelstein 7-X im IPP-Teilinstitut Greifswald, die Öffnung des Garchinger ASDEX Upgrade für die Nutzung durch Forscher aus ganz Europa, ebenso aber auch das politisch vorgegebene Einfrieren der nationalen Fördermittel auf den Stand des Jahres 2002: „Trotz großer wissenschaftlicher Erfolge hat es von 2002 bis heute für die Fusionsforschung keinerlei Ausgleich für die hohen Preis- und Tarifsteigerungen gegeben. Im Laufe der Jahre standen uns deshalb real immer weniger Mittel zur Verfügung, was die Forschungsarbeit des Instituts zunehmend erschwert hat“, so Alex Bradshaw: „Ich wünsche meinem Nachfolger, dass es gelingt, diese Beschränkung zu überwinden, zumal die gegenwärtigen Zeiten für die Fusionsforschung hoch spannend sind: Mit ITER will man demonstrieren, dass Kernfusion als Energiequelle machbar ist. Auch Wendelstein 7-X und die neuen Maschinen in den aufstrebenden Fusionsnationen China, Indien und Südkorea lassen aufregende Ergebnisse erwarten. Mein Nachfolger Günther Hasinger verlässt sein Arbeitsgebiet, die Astronomie, in einer sehr ertragreichen Phase – die Basis ist gelegt, ähnliches in der Fusionsforschung zu erleben.“

Isabella Milch

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