ITER in Cadarache?

EU-Ministerrat diskutiert über ITER-Realisierung notfalls nur mit einem Teil der bisherigen Partner

27. September 2004



In seiner Sitzung am 24. September 2004 hat der Europäische Ministerrat darüber diskutiert, den internationalen Fusionstestreaktor ITER notfalls nur mit einem Teil der bisherigen Partner am europäischen Standort Cadarache in Südfrankreich zu bauen. Die Europäische Kommission wurde gebeten, allen Beteiligten den europäischen Standpunkt weiterzugeben und für eine Entscheidung in der nächsten Sitzung des Ministerrats Ende November alle nötigen Informationen bereitzustellen (siehe die Presidency Conclusions).

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München begrüßt diese Nachricht aus Brüssel. „Sie bringt Bewegung in die seit Ende 2003 stockenden Verhandlungen über den Standort der internationalen Forschungsanlage. Dennoch würden wir es sehr bedauern, wenn die bisherige beispiellose internationale Zusammenarbeit reduziert werden und ITER eventuell ohne die USA, Japan oder Südkorea realisiert werden müsste“, erklärt Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw, der wissenschaftliche Direktor des IPP. Im IPP ist das Interesse an ITER groß: Hier wurden die wesentlichen Kenntnisse für das Experiment erarbeitet; ein großer Teil der Garchinger Forschungstätigkeit ist der Vorbereitung des wissenschaftlichen ITER-Betriebs gewidmet. Garching ist zudem Sitz des europäischen ITER-Teams und des ITER-Direktors.

Der Experimentalreaktor ITER (lat. „der Weg“) ist der nächste große Schritt der weltweiten Fusionsforschung. Mit 500 Megawatt Fusionsleistung soll ITER zeigen, dass sich – ähnlich wie in der Sonne – durch Kernverschmelzung Energie gewinnen lässt. ITER wurde seit 1988 in weltweiter Zusammenarbeit von europäischen, japanischen, russischen und amerikanischen Fusionsforschern vorbereitet. Seit Juli 2001 liegen die baureifen Pläne vor; wesentliche Bauteile sind als Prototypen gebaut und getestet. 2003 haben sich China und Südkorea dem Projekt angeschlossen, im gleichen Jahr sind die USA nach ihrem vorübergehenden Rückzug im Jahr 1997 dem Projekt wieder beigetreten. Die Verhandlun-gen über den rechtlichen und organisatorischen Rahmen des Projekts brachten bezüglich des Standorts bisher keine Einigung: Während sich Russland und China für den europäischen Standortvorschlag – Cadarache in Südfrankreich – aussprachen, setzten sich die USA und Südkorea für den Standort Rokkasho-Mura in Japan ein.

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