Neuer Direktor im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Klaus Pinkau an

27. April 1999
Am 1. Mai 1999 beginnt Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw seine Tätigkeit als Wissenschaftlicher Direktor des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching und Greifswald. Er folgt Prof. Dr. Klaus Pinkau, der das IPP seit 1981 leitete und Ende April in den Ruhestand geht. Forschungsziel des Instituts ist es, die Kernfusion zur Energiegewinnung nutzbar zu machen. Dazu muß es gelingen, ein Wasserstoffplasma - ein ionisiertes Wasserstoffgas - in Magnetfeldern wärmeisolierend einzuschließen und auf über 100 Millionen Grad aufzuheizen.

Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw, geboren am 12. Juli 1944 in Bushey/Großbritannien, promovierte 1968 nach dem Studium der Chemie am Queen Mary College der Universität London. Anschließend war er zunächst als Stipendiat der Royal Society, dann als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Physikalische Chemie der Technischen Universität München tätig. Nach der Habilitation wechselte er 1976 an das Berliner Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, wo er 1980 zum Wissenschaftlichen Mitglied und Direktor am Institut ernannt wurde. Erfahrung mit der Leitung von Großprojekten sammelte er als Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Elektronenspeicherrings BESSY in Berlin, das er von 1981 bis 1985 sowie von 1988 bis 1989 leitete. Die in dieser Großanlage erzeugte Synchrotron-Strahlung - über einen weiten Spektralbereich durchstimmbares Licht vom infraroten über das sichtbare und ultraviolette Licht bis hin zu Röntgenstrahlung - findet als Werkzeug in Forschung und Industrie vielfache Anwendungen. Als Röntgenquelle mit variabler Energie nutzte es Bradshaw beispielsweise zur Analyse von Oberflächenstrukturen durch Photoelektronenbeugung - eine Entwicklung, für die er 1994 zusammen mit Phillip Woodruff/Großbritannien mit dem Max-Planck-Forschungspreis ausgezeichnet wurde.

Ausgedehnte Gutachter- und Evaluierungsaufgaben erfüllte Bradshaw als Mitglied zahlreicher Gremien der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Bundesforschungsministeriums, der Max-Planck-Gesellschaft und des britischen Science and Engineering Research Council. Zwischen 1990 und 1998 evaluierte er in einer Kommission des Wissenschaftsrats die Physik-Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR, war Mitglied des Internationalen Komitees zur Begutachtung der Physik in Schweden und leitete das Komitee für die Nutzung von Großgeräten der Europäischen Union. 1981 wurde er apl. Professor im Fachbereich Chemie der Freien Universität Berlin und ist seit 1997 zudem Honorarprofessor für Experimentalphysik an der Technischen Universität Berlin. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft wählte ihn 1998 zum Präsidenten.

Sein bisheriges Forschungsinteresse - die Oberflächen- und Molekülphysik sowie die Entwicklung von Instrumenten zur Nutzung der Synchrotronstrahlung - erweitert sich mit seiner Berufung an das IPP um die Plasmaphysik: 1998 wurde er zum Wissenschaftlichen Mitglied am Institut berufen, das er ab Mai 1999 als Wissenschaftlicher Direktor leitet.

Sein Vorgänger, Prof. Klaus Pinkau, hat während seiner 18jährigen Amtszeit die internationale Fusionsforschung entscheidend mitgestaltet. Nach einer handwerklichen Ausbildung studierte er Physik in Tübingen, Hamburg und Bristol/England. Seine dort entwickelte Methode, die Energie von Gamma-Strahlen zu messen, nutzte er später, um die energiereiche Strahlung aus dem Kosmos zu untersuchen. Am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching, das er von 1972 bis 1977 als Direktor leitete, etablierte er den in Deutschland neuen Forschungszweig der Hochenergie-Astronomie. Der hier betreute Satellit COS-B wurde einer der erfolgreichsten Satelliten des europäischen Raumfahrtprogramms und fertigte die erste Himmelskarte der Milchstraße im Lichte der kosmischen Gamma-Strahlung an. Zunehmend engagierte sich Pinkau in der Forschungsberatung. Er war Mitglied des Wissenschaftsrates, Vorsitzender des Beratungskomitees der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, Vorsitzender des Gründungsausschusses der Berliner Akademie der Wissenschaften und leitet 1980 den Gutachterausschuß "Großprojekte der Grundlagenforschung", der das Forschungsministerium bei der Einrichtung neuer Großprojekte beriet.

Von den Plasmen im Weltraum wandte sich Pinkau - 1981 als Direktor an das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik berufen - irdischen Plasmen in Fusionsanlagen zu. Unter Pinkaus Leitung hat das IPP eine zielorientierte Forschungsstrategie erfolgreich umgesetzt: Aufbauend auf den herausragenden Erfolgen der Fusionsanlage ASDEX wurde ab 1982 der Nachfolger ASDEX Upgrade konzipiert. Die weitblickende Planung hat dabei die heutigen Vorstellungen für einen ersten Testreaktor, das internationale ITER-Projekt, in verkleinertem Maßstab vorweggenommen. ASDEX Upgrade ist seit 1990 als größte deutsche Fusionsanlage in Betrieb und untersucht Kernfragen der Fusion unter kraftwerksähnlichen Bedingungen. Auch an der europäischen Gemeinschaftsanlage JET, die 1983 in Großbritannien in Betrieb ging, ist das IPP beteiligt. Für seine Weltrekord-Ergebnisse im Jahr 1997, bei denen JET 16 Megawatt Fusionsenergie erzeugen konnte, nutzte die Anlage einen im IPP-Experiment ASDEX entdeckten Plasmazustand.

Als Alternative zu diesen Anlagen vom Typ Tokamak werden im IPP ebenso Stellaratoren untersucht. Mit dem modularen Stellarator Wendelstein 7-AS wurden die Anlagen erstmals physikalisch und technisch an Reaktorbedingungen angepaßt. Der vollständig optimierte Nachfolger Wendelstein 7-X soll nun die Kraftwerkstauglichkeit der neuen Stellaratoren zeigen. Die Anlage entsteht gegenwärtig im IPP-Teilinstitut Greifswald, das im Zuge der Neuordnung der deutschen Wissenschaft nach der Wende gegründet wurde. Sowohl die europäische NET-Gruppe zur Vorbereitung eines europäischen Fusionstestreaktors, als auch die internationale ITER-Gruppe folgten der Einladung Pinkaus an das IPP und wählten Garching als Standort. Als Leiter einer Arbeitsgruppe, die Struktur und Organisation des internationalen ITER-Vorhabens entwickelt, wird Pinkau dem ITER-Projekt noch bis zum Ende des Jahres verbunden bleiben.

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