Sicherheitsfragen

Während der Errichtung von Wendelstein 7-X erreichte das IPP eine Reihe von Fragen zum Strahlenschutz und zur Sicherheit der Forschungs­anlage. Hier die wichtigsten Fragen und die Antworten des IPP.

Besonders zahlreich waren die Anfragen im Sommer 2012, nachdem der BUND M-V e.V. öffentlich Zweifel an der Sicherheit der Anlage vorgebracht hatte. Das Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die zuständige Landesbehörde, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS), beschlossen daraufhin, einen unabhängigen Sachverständigen damit zu beauftragen, die vorliegenden Fachgutachten und Berechnungen zum Strahlenschutz zu beurteilen. Das IPP unterstützte dies ausdrücklich als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Beantragung einer Betriebsgenehmigung für Wendelstein 7-X. Im Januar 2013 nahm der Sachverständige des TÜV Süd die Arbeit auf. Sein 118-seitiges Gutachten wurde Ende Oktober 2013 veröffentlicht. Es kommt zu dem Fazit: Den Anforderungen des Strahlenschutzes wird die Forschungsanlage Wendelstein 7-X „vollumfänglich“ gerecht.

 

Ist Wendelstein 7-X eine kerntechnische Anlage?
Nein. Im Unterschied zu Forschungsreaktoren oder Kernkraftwerken ist die Fusionsanlage Wendelstein 7-X keine kerntechnische Anlage. Dies ist von großer Bedeutung für das Genehmigungsverfahren: Während Forschungsreaktoren an Universitäten oder Forschungsinstituten wie kommerzielle Kernkraftwerke nach den Vorgaben des Atomgesetzes beurteilt werden, gelten für Wendelstein 7-X als eine Anlage, die „ionisierende Strahlung“ erzeugen kann, die Vorgaben der Strahlenschutzverordnung. Nach der gleichen Verordnung werden zum Beispiel auch nuklearmedizinische Anlagen sowie der Umgang mit radioaktiven Stoffen oder ionisierender Strahlung in Arztpraxen und Krankenhäusern beurteilt und genehmigt. Auch Teilchenbeschleuniger, die in der Forschung betrieben werden, fallen in den Geltungsbereich der Strahlenschutzverordnung. In allen Fällen stellt die Prüfung nach den Regeln der Verordnung sicher, dass von der Anlage keine Gefahren für das Personal und die Bevölkerung ausgehen können.


Welche Art von Strahlung wird Wendelstein 7-X nach der Inbetriebnahme erzeugen?
In den ersten Jahren wird Wendelstein 7-X mit einem Plasma aus leichtem Wasserstoff experimentieren. Die dabei erzeugte Röntgenstrahlung wird von den Wänden des Plasmagefäßes vollständig aufgefangen.
In Experimenten mit Plasmen aus schwerem Wasserstoff (Deuterium), die in späteren Jahren geplant sind, werden zusätzlich Neutronen freigesetzt. Gemäß der Errichtungsgenehmigung darf Wendelstein 7-X maximal 3 x 1019 Neutronen pro Jahr erzeugen. Diese Neutronen werden durch die Betonwände der Experimenthalle abgefangen. Außerhalb der Halle kann nur noch eine Strahlenbelastung auftreten, die weit unter der natürlichen Hintergrundstrahlung liegt. Im Inneren der Halle könnten die Neutronen die dortigen Strukturen geringfügig aktivieren, so dass dort Gammastrahlung frei wird. Da hierfür vor allem das Metall Kobalt verantwortlich ist, wird im Inneren des Wendelstein 7-X nur ein spezieller, kobaltarmer Stahl verwendet. Jeweils nach Beendigung eines Plasmaexperiments wird die Experimenthalle für wissenschaftliches und technisches Personal zugänglich sein.


Warum sind die Betonwände der Wendelstein-Halle 1,80 Meter dick? 
Der Spezial-Beton schirmt wegen seines Wasser- und Bor-Gehaltes Neutronen besonders gut ab. Weil für Wendelstein 7-X eine Halle ohnehin gebaut werden musste, lag es nahe, die Wände dicker auszuführen und den Beton mit einem angemessenen Wasser- und Bor-Anteil anzumischen.
Auch in radiologischen Kliniken geht man mit Röntgenstrahlen, Neutronen oder Gammastrahlen um. Je nach Strahlungstyp werden zur Abschirmung unterschiedliche Materialen gewählt – Beton, aber auch Paraffin oder Blei.


Wie bewertet das IPP die 2012 erhobenen Bedenken hinsichtlich der Beton-Beschaffenheit?
Thema der Diskussion der Jahre 2012/13 war eine Auflage in der Errichtungsgenehmigung für den Bau von Wendelstein 7-X, die am 18.12.1997 vom Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern erteilt worden war: Gemäß dieser Auflage wurde während der Bauphase ein Gutachter beauftragt, sicherzustellen, dass der für die Experimentierhalle verwendete Beton die verlangte Qualität besitzt, d.h. insbesondere einen genügend hohen Gehalt an Bor (> 1000 ppm) und Wasser (> 120 l/m3).
 Das Material Bor, das als Neutronenabsorber wirkt, ist nicht völlig homogen im Beton verteilt. Die relativ kleinen Probekörper wiesen daher leicht unterschiedliche Werte auf. Der Mittelwert der 48 Probemessungen lag bei 1030 ppm, also über dem geforderten Wert. Acht der 48 Werte lagen – wie statistisch zu erwarten – unter 1000 ppm. Mit der Überprüfung beauftragte das IPP deshalb 1997 die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH (GRS). Deren Untersuchung bestätigte die ausreichende Abschirmwirkung.

Für das neue Gutachten des Jahres 2013 untersuchte der Sachverständige des TÜV Süd die vom IPP vorgelegten Pläne, Berechnungen und Prüfberichte, inspizierte Anlage und Halle, ließ neue Bohrproben anfertigen und analysieren und stellte umfangreiche eigene Rechnungen an. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Beton der Experimenthalle den Anforderungen des Strahlenschutzes vollumfänglich gerecht wird.


Wie verhält es sich mit der Abschirmwirkung der Hallentore?
Die Tore wurden aus Schwer- bzw. Strahlenschutzbeton gefertigt, wie er für den Strahlenschutz in Deutschland bereits mehrfach verwendet wurde. Wie schon bei den Wänden der Experimentierhalle hat die GRS auch die Abschirmwirkung der Tore positiv bewertet. Die Betonqualität wird durch das Gutachten von 2013 bestätigt.
 

Sind Risse im Beton des Hallendaches ein Problem?
Während des Baus der Halle traten beim Trocknen des Betons der Hallendecke kleine Risse auf. Dies ist im Betonbau nichts Ungewöhnliches. Die Genehmigungsbehörde wurde damals darüber informiert. Die Risse wurden mit dem Architekten und den Bauunternehmen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Statik diskutiert und als unerheblich eingestuft. Die strahlenschutztechnische Bedeutung dieser Risse wurde vom IPP bewertet. Es wurden große Sicherheitsreserven und eine völlig ausreichende Abschirmwirkung festgestellt. Das Sozialministerium hat 1998 die Unbedenklichkeit bestätigt, ebenso das Gutachten von 2013.
 

Welche Kosten entstehen für Wendelstein 7-X?
Die Kosten für den Auf- und Ausbau der eigentlichen Fusionsanlage (Investitionen) betrugen im Zeitraum 1995 bis 2021 ca. 460 Mio €. Für alle Aktivitäten des Teilinstituts Greifswald (Investionskosten Wendelstein 7-X, Bau des Institutsgebäudes, Betriebs- und Personalkosten) ergeben sich im genannten Zeitraum Gesamkosten ca. 1,4 Mrd €.

Wie viele Mitarbeiter sind derzeit im IPP Greifswald beschäftigt?
Derzeit sind im IPP-Teilinstitut Greifswald rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt; hinzu kommen Werkstudenten, Diplomanden, Praktikanten und Stipendiaten.

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