Highlights 2012

Forschungsnachrichten aus dem Bereich Plasmarand und Wand

Mikroturbulenzen in Fusionsplasmen
IPP-Physikerin als Leiterin einer Helmholtz-Nachwuchsgruppe ausgewählt

Die IPP-Physikerin Dr. Rachael McDermott aus dem Bereich E2M zählt zu den 14 Nachwuchswissenschaftlern, die von der Helmholtz-Gemeinschaft in einem mehrstufigen Wettbewerbsverfahren unter 244 Kandidaten als Leiterin einer Helmholtz-Nachwuchsgruppe ausgewählt wurde. Sie kann nun am IPP ihre eigene Forschungsgruppe aufbauen und wird dazu für fünf Jahre mit jährlich 250.000 Euro unterstützt.

Rachael McDermotts Forschungsthema sind Mikroturbulenzen in Fusionsplasmen. In dem heißen Plasma – dem Brennstoff künftiger Fusionskraftwerke – haben die Mini-Wirbel großen Einfluss auf die erreichbare Wärmeisolation. Auf dem Weg zu einem Kraftwerk ist ein grundlegendes Verständnis der Plasmaturbulenz daher sehr wichtig. Insbesondere will man wissen, wie die kleinen Wirbel die Bewegung von Verunreinigungen im Plasma beeinflussen oder die Rotation des Plasmas im Ganzen. Diese Rotation kann nämlich unter Umständen die Turbulenz lokal stabilisieren und sogar Barrieren für den Energie- und Teilchenverluste aus dem Plasma aufbauen.

Um die Turbulenz verstehen und steuern zu können, wird die fünfköpfige Arbeitsgruppe um Rachael McDermott das Plasma unter verschiedensten experimentellen Bedingungen untersuchen. Die dazu genutzten Verfahren wurden eigens entwickelt, um Plasmarotation sowie Temperatur und Dichte unterschiedlicher Verunreinigungssorten zu messen. Bei der besonders schwierigen Bestimmung der Verunreinigungsdichte – mit Hilfe von Neutralteilchen, die in das Plasma eingestrahlt werden – will man eng mit einer Spezialistengruppe der Universität Augsburg zusammenarbeiten. Denn das Programm soll nicht nur begabten wissenschaftlichen Nachwuchs fördern, sondern auch die Vernetzung zwischen Helmholtz-Zentren und Partnerhochschulen verstärken. Rachael McDermott zum Beispiel forscht im IPP und wird die Möglichkeit haben, Vorlesungen an der Universität Augsburg zu halten.

Einschließlich der diesjährigen – bereits zehnten – Auswahlrunde hat die Helmholtz-Gemeinschaft bislang 164 Nachwuchsgruppen ermöglicht. Die Kosten werden zur einen Hälfte von Sitzinstitut und Partneruniversität getragen. Die andere Hälfte deckt der Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft, der das IPP als assoziiertes Institut angeschlossen ist.

Neues "Helmholtz Virtual Institut" mit dem Titel "Plasma Dynamical Processes and Turbulence Studies using Advanced Microwave Diagnostics" genehmigt.

Das Virtuelle Institut (VI) positioniert sich strategisch zentral zwischen grundlegender Forschung auf dem Gebiet der Plasmadynamik mit Relevanz für ein breites Themengebiet, der gezielten Erforschung von Turbulenz in Fusionsplasmen sowie der Entwicklung neuartiger Mikrowellendiagnostiken für diese Untersuchungen, die auch inhärente Vorteile beim Einsatz in zukünftigen Fusionsanlagen aufweisen werden. Das VI bildet, mit Partner aus unterschiedlichen Disziplinen, aus Universitäten und Forschungsinstituten, ein international herausragendes Kompetenzzentrum für Mikrowellentechnologie sowie deren Anwendung als Diagnostik und Interpretation der Daten mit Bezug auf die Plasmaturbulenz.

Plasmadynamische Vorgänge spielen nicht nur in der Fusions- sondern auch in der extraterrestrischen und astrophysikalischen Forschung eine zentrale Rolle. Die experimentelle Überprüfung von theoretischen Modellen ist an den Hochtemperaturplasmen in existierenden Fusionsexperimenten möglich, und soll durch das VI intensiviert werden. Damit werden zentrale Fragestellungen der Fusionsforschung, wie der turbulente Transport und die Transportbarrieren, untersucht. Zur Entwicklung der dafür geeigneten Mikrowellendiagnostik bindet das VI Universitätsinstitute mit elektrotechnischer Ausrichtung ein. Expertise in Anwendung der Komponenten sowie in der Auswertung und Interpretation der gewonnenen Daten bringen die am VI beteiligten nationalen und internationalen Partner mit. Für die Beobachtung und Kontrolle von thermonuklearen Plasmen in zukünftigen Fusionsexperimenten zählen die im VI entwickelten Diagnostiken, wie Radar oder Reflektometrie, auf Grund ihrer guten Funktionalität unter hoher Strahlenbelastung zu den wichtigen diagnostischen Möglichkeiten.

Partner des für 4 bis 5 Jahre geförderten und von E2M geleiteten VI sind das Forschungszentrum Jülich, das Institut für Plasmaforschung der Uni Stuttgart, das Institut für Hochfrequenztechnik der TU München, die LPP Ecole Polytechnique, Frankreich und die Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, Schweiz.

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